Stabilitäts- und Wachstumspakt

Stabilitäts- und Wachstumspakt
Stabilitäts- und Wachstumspakt,
 
Vereinbarung der Staats- und Regierungschefs der Mitgliedländer der EU auf ihrem Treffen in Amsterdam (Juni 1997) zur Sicherstellung einer dauerhaften Stabilitätsorientierung der - im Gegensatz zur Geldpolitik - auch nach Beginn der Europäischen Währungsunion (EWU) in nationaler Verantwortung verbleibenden Finanzpolitik. Der Stabilitätspakt stellt eine Präzisierung der bereits im Maastrichter Vertrag (Art. 103 und 104 c EG-Vertrag) angelegten Überwachungs- und Sanktionsmechanismen bei Vorliegen übermäßiger Haushaltsdefizite dar. Ein übermäßiges Defizit liegt danach vor, wenn das geplante oder tatsächliche öffentliche Defizit eines Mitgliedstaates den Referenzwert von 3 % des Bruttoinlandsproduktes (BIP) überschreitet. In diesem Fall löst die Europäische Kommission ein »Haushaltsüberwachungsverfahren« aus und erstattet dem Rat der EU Bericht. Dieser kann die Überschreitung des Referenzwertes allerdings auch als vertretbare Ausnahme einstufen, wenn das Defizit durch nicht beeinflussbare, außergewöhnliche Ereignisse (z. B. Naturkatastrophen) verursacht wurde oder wenn eine schwere Rezession, verbunden mit einem Rückgang des realen BIP um mindestens 2 %, vorliegt. Auch bei einem Rückgang des realen BIP um 0,75 % bis 2 % kann der Rat auf die Feststellung eines übermäßigen Defizits verzichten, sofern das betreffende Mitgliedland eine sehr plötzliche konjunkturelle Verschlechterung oder »kumulierte Produktionseinbußen im Vergleich zu früheren Trends« als Ausnahmetatbestände geltend machen kann. Wird jedoch ein übermäßiges Defizit festgestellt, hat das betroffene Mitglied der Euro-Zone innerhalb von vier Monaten geeignete Gegenmaßnahmen zu ergreifen. Kommt es dem nicht nach, kann es, nach Veröffentlichung der Empfehlungen des Rates, zunächst in Verzug gesetzt und dann - vor Ablauf einer Frist von zehn Monaten - mit Sanktionen belegt werden, und zwar in Form einer unverzinslichen Einlage bei der Europäischen Zentralbank in Höhe von maximal 0,5 % des jährlichen BIP. Die Einlage wird automatisch in eine Geldbuße umgewandelt, wenn das übermäßige Defizit nach zwei Jahren noch besteht. Für einen föderalen Staat wie z. B. Deutschland stellen v. a. die Fixierung der Verschuldungsgrenzen der einzelnen Gebietskörperschaften, aber auch die Regelungen über die Verteilung etwaiger Strafzahlungen ein Problem dar.
 
Um in Zeiten konjunktureller Schwächephasen über einen ausreichenden Haushaltsspielraum zu verfügen, haben sich die Mitgliedstaaten durch diesen Pakt zudem verpflichtet, auf mittlere Sicht einen nahezu ausgeglichenen Haushalt oder einen Haushaltsüberschuss anzustreben. (öffentliche Schulden)

Universal-Lexikon. 2012.

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